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Hans Georg Nägeli und die polnischen Internierten

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Dieses Bild war lange Zeit verschollen und wurde erst im letzten Sommer zufällig im Estrich des Schulhauses Guldisloo wiederentdeckt, nachdem es bei Renovationsarbeiten im Januar 1971 aus dem Lehrerzimmer entfernt worden war.

Die Entstehungsgeschichte dieses Bildes ist nicht nur spannend, sondern würdigt Hans Georg Nägeli auch in einem unerwarteten Kontext: Warum wurde dieses Bild von einem polnischen Künstler gemalt und dann dem Schulhaus Guldisloo geschenkt?

Die Geschichte beginnt mit dem 2. Weltkrieg, 1940. Kurz nach dem Angriff der deutschen Wehrmacht auf das Elsass beschloss ein französischer General, mit seinem Korps von fast 30’000 Franzosen und 12’000 Polen in der Schweiz Schutz zu suchen. Ein Teil davon wurde im Zürcher Oberland untergebracht, so auch in Wetzikon. Die Franzosen konnten nach acht Monaten wieder zurück, die Polen aber mussten bleiben. Diese waren nach dem Einmarsch der deutschen Truppen nach einer langen Flucht durch den Balkan und Italien schliesslich in Frankreich angekommen, um von dort aus die Befreiung Polens zu erwirken. Bis zum Ende des Krieges wurden sie in der Schweiz interniert.

Unter ihnen waren auch viele junge Männer, die praktisch noch schulpflichtig waren. Für sie wurde ein Gymnasium gegründet, zuerst im Kanton Bern, dann in Wetzikon, wo besser geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung standen. Viele der über 180 Maturanden studierten auch in der Schweiz, bevor sie nach dem Krieg mithalfen, ihre Heimat wiederaufzubauen.

Aus Dankbarkeit beauftragte der polnische Staat einen Künstler, ein Bild mit grosser Symbolkraft für die Standortgemeinde Wetzikon zu malen. So entstand «Goldne Abendsonne» mit dem Sängervater Hans Georg Nägeli, der in den Sonnenuntergang blickt, umgeben von aufmerksam lauschenden Schulkindern. Das Bild wurde der Gemeinde Wetzikon anlässlich einer Feier am 21. Dezember 1945 übergeben. Zu dieser Zeit war Nägeli (noch) in aller Munde, war doch im Sommer davor die Statue in der Nische der reformierten Kirche feierlich eingeweiht worden – infolge des Kriegs allerdings mit einer Verspätung von acht Jahren nach seinem 100. Todestag im Jahr 1936.

In der Festansprache betonte der Schulpräsident Stauber den Symbolcharakter des Bildnisses einer hiesigen Persönlichkeit durch einen polnischen Künstler: Es sollte die tiefe Dankbarkeit für den Wiederaufbau Polens zum Ausdruck bringen. Hans Georg Nägeli ist also nicht nur eine Symbolfigur der republikanischen Staatenbildung in der Schweiz, sondern auch in Polen!

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