Fünf Minuten vor Lektionsbeginn sind an diesem Dienstag alle schon da, die Schülerinnen und Schüler der Klasse U1 der Kantonsschule Zürcher Oberland (KZO) reden angeregt, ein wenig aufgezogen, sie wollen beginnen und der Musiklehrer Beat Hofmann zieht mit: «Ja, fangen wir schon an». Geprobt wird zuerst das Lied «Watergun», mit dem Remo Forrer an der Eurovision aufgetreten war. Beat Hofmann am Klavier, die 13- und 14-Jährigen ihm gegenüber – diesmal in zwei Reihen, nicht wie sonst im Kreis. «Lauter!», «Super», «Cool, gut gemacht», meint Hofmann.
Sie singen auswendig, das Lied ist wichtig, denn es ist jenes Stück, das sie als Klasse ausgewählt haben, um es allein vorzutragen an der «Serenade» der KZO am 27. Juni 2023, es ist quasi ihr Solo. Serenade? Das ist das jährliche grosse Musikfest der Kanti Wetzikon, etwa 400 Schülerinnen und Schüler singen, machen Musik, Bands treten auf, es gibt Musikszenen, andere Aufführungen, Präsentationen künstlerischer Arbeiten. Schon in einer Woche, es eilt also etwas mit Proben.
«Nach der Serenade sind wir immer fix und fertig», sagt der Mitorganisator Beat Hofmann; enorm seien jeweils die Vorbereitungen und dann erst recht der Effort am grossen Tag. Und: die Spezialität dieses Jahr sei jetzt Hans Georg Nägeli. Man wird ihn laut KZO dann sogar im Schulhaus sehen, jenen Musikpädagogen, der früher ja mal Zürcher Erziehungsrat gewesen war.
Wie sich die Kanti im Nägeli-Jubiläum engagieren wolle, sei zunächst nicht klar gewesen, sagt Hofmann. Gut dreissig Musiklehrpersonen im Fachkreis – da sei ein geeintes Vorgehen nicht die einfachste Sache, zumal Nägelis Musik nicht gerade geläufig sei. Aber im Gespräch mit dem Historiker (und früheren KZO-Schüler) Andrea Schmid habe sich dann der Knoten gelöst: «Ihr müsst Nägeli nicht als Musiker zeigen, sondern als Förderer des Musikmachens und Singens», so Schmid. Nägelis grosses Anliegen sei ja gewesen, die Teilhabe breiter Bevölkerungskreise am kulturellen Leben zu fördern, für alle Kreise.
Also Singen, Musikmachen, Theater, Show, … Ganz im Stil der KZO-Serenade. Plötzlich passt die Vielfalt, die da geboten wird, bestens zum Nägeli-Jahr. Beat Hofmann probt mit seinen U-Klassen an diesem Dienstag weitere Lieder einer prominenten Pop-Gruppe, mit Klatschen und Stampfen markiert man den Rhythmus, die Worte müssen noch in den Kopf. Dann machen sich die Schülerinnen und Schüler an die besonders originellen Elemente ihrer Darbietung: Sie haben Klanglandschaften komponiert, die sie mit Tönen und Bewegungen im Schwarzraum mit Lichteffekten zur Geltung bringen werden. Die Gruppen üben an diesem Dienstag im Keller, in Nebenräumen, Velokeller. In den sieben Tagen bis zum grossen Anlass muss noch einiges einstudiert werden, aber Beat Hofmann ist begeistert von den Ideen, die da entstehen.
Für das Publikum besteht das Problem dann eher in der Fülle, darin, dass man gar nicht alles zusammen anschauen kann. In sieben Räumen gehen jeweils gleichzeitig Darbietung um Darbietung über die Bühne und die Veranstaltung dauert von 18 Uhr bis 21.30 Uhr, da muss man voll dranbleiben, wenn man möglichst viel mitbekommen und geniessen will – plus feines Essen.
Beat Gygi